Manchmal ahmt die Realität die Idee nach. / 2021
Martina Helena Kaufmann

Sie verlässt ihr inneres Daheim,
beginnt sich zu strecken,
reckt sich aus dem Stein.
Sie hängt sich an Objekte
oder nistet sich ein
in deines Nachbarns Ohr.
Trau dich und trage Sorge,
zu dem was du umsetzt, von ihr im Aussen.
Denn schon bald wirst du vielleicht hausen,
an dem Ort, der mal war
ein unausgesprochenes Wort,
in deinem inneren Ohr.
Material:
Steingussfigur, Kalk-Bruchstein, 3D-Modell der Figur (animiert + AR kompatibel), Gedicht, Alu-Schild (gelasert), Homepage, Instagram-Profil, E-Mail-Adresse.


Im Aussenraum, mitten in der Kalkfabrik Netstal, ist die
Steingussfigur fest auf einem Kalk-Bruchstein aus dem
Steinbruch montiert. Sie steht damit an dem Ort aus dessen
Material sie hergestellt worden ist. Die Steingussfigur
besteht aus 60% Kalk-Kies und 30% gebranntem Kalk der
Kalkfabrik Netstal AG (KFN).
Gleichzeitig wurde von der Steingussfigur ein digitaler „Abguss“ gemacht - ein 3D-Modell der Figur. Das 3D-Modell ist eine weitere Interpretation der Form, der Idee der Figur, die sich jedoch im Gegensatz zum Steinguss, durch das Internet bewegen lässt.
Auf diese Art ist die Form dieses Werkes einerseits fest verankert im Kalkwerk und gleichzeitig ohne jede Haftung in den sozialen Medien. Dabei entziehen sich beide Varianten der Kontrolle der Künstlerin. Die Steingussfigur draussen ist den Umwelteinflüssen ausgesetzt und an einem öffentlich zugänglichen Ort platziert. Im Gegenzug dazu ist das 3D-Modell im Internet der freien Verformung überlassen.
Das Werk überschreitet so die Schwelle zwischen ortsverbundenem Sein und einer Existenz ohne jegliche Lokalisierung. Damit befindet es sich mitten im Dialog und im Dilemma der heutigen Zeit.
/// Dieses Werk ist ursprünglich für die Kunstausstellung „redux” im Kunsthaus Glarus (7.2. – 20.2.2021) konzipiert worden. Auf Grund der aktuellen Lage wurde diese jedoch abgesagt. Die Ausstellung hätte die Diplom-Werke der Absolvent*innen des ZHdK Fine Arts Bachelors und Masters 2020 gezeigt. ///